Kräftige Schultern, muskulöse Arme, trainierter Körper. Gene Pukall ist eine imposante Erscheinung. Wer ihn dann in seinem Berliner Dialekt sprechen hört, wird durch seine ruhige, fast sanfte Stimme überrascht. Gene Pukall ist kein Mann der lauten Töne. Er wirkt geerdet, höflich, klar. Ein harter Kerl mit weichem Kern. Seit 2021 arbeitet der sympathische 50-Jährige im Kernkraftwerk Mühleberg (KKM).
Vom Torusring…
Geboren in Berlin, aufgewachsen bei seiner Grossmutter, lebt Gene Pukall bereits seit über 13 Jahren in der Schweiz – heute in einem kleinen Dorf im Kanton Solothurn. Dass er vom temporär angestellten Demonteur zum Teamleiter Demontage aufgestiegen ist, beweist zweierlei: Im KKM kann man es weit bringen und im Leben ist es wie so oft eine Mischung aus Initiative, Fingerspitzengefühl und ein bisschen Zufall, die ihn dorthin brachte, wo er heute ist. «Wir arbeiteten vor einigen Jahren im Torus, einem grossen Ring unterhalb des Reaktors. Das ist ein riesiger, abgeschotteter Bereich. Ich habe dort einfach Verantwortung übernommen, das Steuer ein bisschen in die Hand genommen», erzählt er. Kurz darauf gingen mehrere Teamleiter in Pension oder wechselten die Stelle – und Pukall rückte auf. Nicht, weil er laut dafür warb, sondern weil er überzeugt hatte. Durch Einsatz, Haltung und Erfahrung. Heute koordiniert er mit seinem Team den Rückbau eines der beiden Kondensatoren – eine hochkomplexe, körperlich fordernde Aufgabe, die Präzision, Disziplin und Ausdauer verlangt.

Menschen hinter der Stilllegung – Gene Pukall, Teamleiter Demontage und Boxer
…in den Boxring
Apropos Disziplin: Neben seiner Arbeit ist Gene Pukall leidenschaftlicher Boxer. Und das nicht nur im Fitnessstudio zum Ausgleich. Mit 20 Jahren fing er an, relativ spät für den Sport, wie er selber sagt. «Aber das holte ich mit Herzblut und Härte schnell auf.» Im Jahr 2000 stand Gene Pukall erstmals als Profi im Ring, 2004 wurde er Weltmeister im Schwergewichtsboxen. Die «Welt» schrieb ein paar Jahre später, dass Gene Pukall ein Weltmeister sei, den keiner kenne. Hintergrund: Es gibt im Boxsport sehr viele Verbände, und jeder Verband kann Weltmeisterkämpfe austragen. So oder so. Pukall bekam den Namen «Held von Pankow», angelehnt an den Berliner Stadtteil, in dem er aufgewachsen war. «Ja, ich bin ein Wendekind», sagt er. «Ich bin in der DDR gross geworden, in den 1990er-Jahren war vieles rau und gewaltbereit. Bevor ich da falsch abbiege, habe ich den Weg in den Boxsport gesucht. Und gefunden.» Seine Karriere verlief nicht wie im Bilderbuch – ohne grosse Promoter im Rücken musste er sich vieles selbst erkämpfen. Umso mehr bedeutet es ihm, dass er es trotzdem weit gebracht hat.
Nach einem längeren Unterbruch wagt Gene Pukall nun mit 50 Jahren ein Comeback: Anfang August wird er wieder in den Ring steigen. Die Vorbereitungen laufen. «Der Körper muss mitspielen – das ist die Bedingung», sagt er.

Demontage und Deckung
Was auf den ersten Blick gegensätzlich wirkt – Rückbau eines Kernkraftwerks auf der einen, Boxring auf der anderen Seite – hat für Gene Pukall erstaunlich viele Parallelen. «Beides ist harte Arbeit, körperlich und mental», sagt er. «Und in beiden Bereichen braucht es Disziplin, Fokus und Teamgeist.» Ob im Schutzanzug zwischen schweren Metallplatten oder im Ring unter Scheinwerferlicht – Gene bleibt wachsam, klar, verantwortungsvoll. Er sagt: «Ich profitiere vom Sport bei der Arbeit – ich bin fokussierter, belastbarer. Und umgekehrt hilft mir die Erfahrung aus dem KKM, auch im Ring einen kühlen Kopf zu bewahren.»

Der Boxer als Teamplayer
Im KKM ist Pukalls Boxkarriere längst kein Geheimnis mehr. Die Reaktionen seiner Kolleginnen und Kollegen? Überwiegend positiv. «Vielleicht denken manche, ich sei ein bisschen verrückt, mit 50 Jahren nochmals in den Ring zu steigen», sagt er und lacht. «Aber ich spüre Unterstützung – viele finden es einfach spannend.»
Und was motiviert ihn – im Sport wie im Beruf? «Ich bin bei meiner Oma gross geworden, hatte es nicht immer einfach. Da lernt man früh, sich durchzubeissen. Ich weiss, wie es ist, alleine weiterzumachen. Das gibt Kraft.» Motivationsprobleme kenne er kaum. Und wenn doch mal ein kleines Tief kommt? «Dann sehe ich die Arbeit als Trainingseinheit. Ich stelle mir vor, ich mache gerade einen Boxdurchgang – dann ziehe ich es durch.»
Wer Gene Pukall begegnet, merkt schnell: Er ist keiner, der sich je in den Vordergrund drängt. Und doch ist er jemand, der beeindruckt – mit seiner Geschichte, seiner Haltung, seiner Stärke. Beruflich trägt er Verantwortung auf einer der komplexesten Baustellen der Schweiz. Und privat kämpft er noch einmal für seinen Traum. Good Luck, Gene!
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